Wir haben agile Projekte schon im vergangenen Jahrzehnt gemacht, aber im Moment ist die Bereitschaft der Kunden einfach immens – und das freut uns. Einerseits nehmen sie das Thema überall wahr, andererseits haben sie die Erfahrung gemacht, dass mit den klassischen Methoden die Ergebnisse und die Geschwindigkeit oft nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Es gibt viele Unternehmen, bei denen wir nicht erwartet hätten, dass sie sich so schnell auf agiles Arbeiten einlassen – und die dann sogar sagen: „Die Methodik nutzen wir jetzt nicht nur für dieses Digitalprojekt, sondern setzen sie auch für die Produktentwicklung in ganz anderen Bereichen ein.“
Ja, wir haben ein eigenes Vorgehensmodell „Track-Think-Make“, das wir in Projekte mitbringen oder auf vorhandene Modelle des Kunden adaptieren. In der Track-Phase analysieren wir den Status-quo im Unternehmen, Zielgruppen, Marktumfeld und Ziele. Anschließend entwickeln wir in der Think-Phase Vision, Strategie und das technische Konzept, bevor wir in der Make-Phase mit der Umsetzung beginnen.
Es gibt Kunden, die hoffen, „agil heißt ja flexibel und ich kann bis zur letzten Minute alles ändern“. Das stimmt so nicht. Im Grunde ist es ein hochgradig mechanischer und durchorganisierter Vorgang. Und dann muss eben am Anfang mit dem Kunden geübt werden, dafür starten wir mit „Agile Enablement“ und einem „Sprint Null“. Wir machen aber auch noch klassische Projekte, die nicht in Scrum umgesetzt werden, falls die Projektziele dazu passen.
Wir nutzen einen Standard und den bringen wir auch fast immer in die Projekte mit: Das sind die Systeme Jira und Confluence, intern verwenden wir Microsoft Teams. Wir können die Kunden in einer Instanz in Jira, Confluence und Teams reinnehmen – auch mit einem vordefinierten Vorgehensmodell. Das nutzen viele Kunden, aber es gibt auch diejenigen, die ihr eigenes Ticketsystem nutzen wollen oder Tools wie Teams aus Sicherheitsgründen nicht verwenden können. Das führt manchmal zu Problemen. Wir kennen das alle: Telkos in schlechter Qualität und ohne klare Regeln oder Videokonferenzen, die nicht funktionieren.
Wir kommunizieren deshalb unseren Kunden schon am Anfang, dass es ganz wichtig ist, sich auf eine Toolchain zu einigen und sicherzustellen, dass alles reibungslos mit der IT des Kunden funktioniert – Stichwort „Firewall“. Nichts ist schlimmer, als wenn wir bei einem Projekt ständig Probleme mit dem Werkzeug haben. Das halte ich für essenziell und da müssen vom Start weg die Spielregeln klar sein.
Diese Themen stellen oft Hürden dar, die unsere Projektmanager überwinden müssen und die nicht nur bei virtueller Zusammenarbeit auftreten. Auch beim Kunden vor Ort zu agieren, kann Probleme schaffen, wenn zum Beispiel Zugangskarten noch nicht vorliegen. Bei der Mehrzahl der Kunden sind wir jedoch in kurzer Zeit arbeitsfähig, haben einen Projektraum und bekommen die Tools, die wir benötigen.
Die Herausforderungen sind ganz klar kultureller und strategischer Natur. Einige Kunden schaffen es aufgrund ihrer Entscheidungskultur nicht, agil zu arbeiten. Bei Scrum gibt es zum Beispiel einen Product Owner, der entscheiden können muss. Wenn dieser Product Owner nun aus einem Gremium von sieben Managern bestehen soll, kann das nicht funktionieren. In so einem Fall müssen wir im Projekt auch mal innehalten und thematisieren, dass die Entscheidungsfähigkeit auf diesem Weg nicht gegeben ist. Da setzen wir wirklich bewusst auf und besprechen mit den Kunden, wo sie gerade stehen. Dann geht es meistens auch voran. Es gibt aber durchaus auch Projekte und Kunden, wo wir auf das traditionelle Vorgehen nach der Wasserfall-Methode umschwenken. Aber das ist die Ausnahme.
Die handwerklichen Herausforderungen bekommen wir normalerweise sehr gut in den Griff. Wir haben ja bereits darüber gesprochen, dass sich die Teams auf Kunden- und Agenturseite viel in virtuellen Lösungen wie Videokonferenzen bewegen. Wichtig ist dann natürlich, den persönlichen Faktor nicht zu vernachlässigen. Es ist aus meiner Sicht essenziell, dass sich Teams am Anfang kennenlernen und sich auch persönlich immer wieder zusammenfinden. Das sind Themen, auf die man achten muss.
Ja – und wir lieben Kunden, bei denen die Entscheider das auch so reflektieren. Wo steht die Agentur und wo stehen die eigenen Teams? Wer sind die Akteure im Projekt und wie nehmen sie ihre Rollen wahr? Was passiert da wirklich in der Zusammenarbeit? Wenn man eine Diskussion auf Metaebene führen kann, ist es unheimlich hilfreich. Es gibt Kunden, die sich auf den Standpunkt stellen: „Ihr seid die Agentur. Ihr müsst hier irgendwie liefern.“ Das funktioniert in agilen Projekten aber nicht, denn wir müssen zusammenarbeiten. Auf einer Metaebene solche Veränderungen – aber auch Probleme und Widerstände – ansprechen zu können, ist ein ganz wesentlicher Faktor für den Erfolg der Zusammenarbeit.